Seltene Erkrankungen weiter in den Fokus rücken

Neben den bekannten Volkskrankheiten gibt es eine große Anzahl sogenannter „Seltener Erkrankungen“. Sie betreffen nicht mehr als fünf von 10.000 Menschen und sind weniger gut diagnostizier- und behandelbar.
Dr. Karl-Werner Leffers General Manager, Head of Neurology Central Europe, UCB Pharma GmbH
Dr. Karl-Werner Leffers General Manager, Head of Neurology Central Europe, UCB Pharma GmbH
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Herr Dr. Leffers, wie bewerten Sie die mögliche Einschränkung der „EU-Verordnung über Arzneimittel für seltene Erkrankungen“?
Die vergangenen 20 Jahre seit Verabschiedung der EU-Verordnung haben gezeigt, wie bedeutend diese für die Behandlung von Patient:innen mit seltenen Erkrankungen ist. Im Jahr 2000 standen Menschen, die mit seltenen Erkrankungen leben, insgesamt acht Medikamente zur Verfügung – heute sind es 183. Doch noch immer fehlt es 95 Prozent der Patient:innen mit seltenen Erkrankungen an einem zugelassenen Medikament für eine gezielte Behandlung. Eine Zahl, der wir bei UCB mit den Wirkstoffen in unserer Forschung & Entwicklung zukünftig entschieden entgegentreten möchten.


Es ist also hochgradig relevant, dieses erfolgreiche Fördermodell fortzuführen. Eine Reduktion der Anreize für Orphan Drugs würde lediglich zu einem Rückgang der Forschungs- und Entwicklungs-aktivitäten führen, ohne jedoch den Zugang zu diesen wichtigen Arzneimitteln zu verbessern. Viele seltene Erkrankungen treten zudem in unterschiedlichsten Ausprägungen auf und variieren von Patient:in zu Pa-tient:in. Deshalb bedarf es auch hier mehrerer verschiedener Therapieoptionen pro Indikation.

 

Können Sie ein Beispiel für eine solche seltene Erkrankung nennen?
Am Beispiel der Myasthenia gravis wird die Relevanz verschiedener Therapieoptionen deutlich. Bei Myasthenia gravis handelt es sich um eine Muskelerkrankung. Alltägliche Bewegungen, die für einen gesunden Menschen selbstverständlich sind, stellen Patient:innen – sei es beim Schlucken, Kauen, Sprechen – vor enorme Herausforderungen. Betrifft sie die Atmung, wird die Krankheit lebensbedrohlich. Die Symptome sind höchst individuell, weswegen sie auch als „Snowflake Disease“ bezeichnet wird.


Wir wissen heute, dass die symptomatischen Hürden bei seltenen Erkrankungen jedoch oft nur die Spitze des Eisberges sind. Hinzu kommen auch soziale oder psychologische Hürden, die darauf beruhen, dass der Verlauf seltener Erkrankungen teils unvorhersehbar und noch wenig erforscht ist. Eine ganzheitliche Betrachtung der Patient:innen und all ihrer Herausforderungen ist deswegen unabdingbar.

 

Wie kann diese ganzheitliche Betrachtung in der Praxis erfolgen?
Bei UCB beginnen wir hiermit bereits in der klinischen Entwicklung und legen einen großen Wert auf die Einbindung von Patient:in-nen bereits ab den frühen Entwicklungsstadien unserer Medikamente. Ob durch die gemeinsame Entwicklung der Studiendesigns, Feedback-Gespräche während laufender Studien oder in der Post-Study-Kommunikation: Wir möchten die ganzheitliche Perspektive der Patient:innen in den Mittelpunkt stellen und binden sie aktiv mit ein.


Seit Ende letzten Jahres arbeiten wir darüber hinaus mit doc.ai zusammen, einer führenden Plattform für künstliche Intelligenz (KI). Durch eine gemeinsam entwickelte App sollen Veränderungen der Gesichtsmuskulatur und Stimmmuskelschwäche bei Menschen, die mit Myasthenia gravis leben, erkannt und ein KI-Modell erstellt werden, das ihre Symptommuster und Schübe individuell vorhersagen kann. Letztlich soll diese Technologie Patient:innen helfen, ihren Krankheitsverlauf zu verfolgen und ihren Alltag besser planen zu können.

 

www.ucb.de

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