Volkskrankheit mit vielen Gesichtern

Die wichtigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Überblick
Illustration: Maria Martin
Illustration: Maria Martin
Dr. Ulrike Schupp Redaktion

Herz-Kreislauf-Erkrankungen belasten das Leben der Betroffenen. Sie verursachen jedes Jahr hohe Kosten im Gesundheitssystem und zählen zu den häufigsten Todesursachen in Deutschland. Der World Health Organisation (WHO) zufolge sind vor allem Bluthochdruck, die koronare Herzkrankheit, die zum Herzinfarkt führen kann, und Schlaganfälle weit verbreitet. Aber auch die periphere arterielle Verschlusskrankheit, Herzschwäche, Herzmuskel- und angeborene Herzerkrankungen sind Volksleiden.


Betroffen sind dabei in erster Linie Menschen in den Industrienationen, die sich im Alltag zu wenig bewegen, unter Dauerstress stehen und sich nicht besonders gesund ernähren. Basis vieler Herz-Kreislauferkrankungen ist Arteriosklerose, die Verengung der Blutgefäße durch fett- und kalkhaltige Plaques, die zunächst kleine Risse oder Beschädigungen der Gefäßwände reparieren sollen, aber gefährlich werden, wenn sich Thromben, kleine Teile der Plaques, lösen und eine Blutbahn, die wichtige Organe mit Nährstoffen und Sauerstoff versorgt, komplett verstopfen.

 

Bluthochdruck
Bluthochdruck, auch Hypertonie genannt, beginnt bei einem Wert von 140/90 mmHg (Millimeter-Quecksilbersäule) bei wiederholten Messungen. Er betrifft laut Studien des Robert-Koch-Instituts etwa 30 Prozent der Deutschen und ist damit die Herz-Kreislauf-Erkrankung Nummer eins. Über 20 Millionen Erwachsene zwischen 18 und 79 Jahren leiden daran. Das Herz pumpt mit jedem Schlag Blut durch das verzweigte Gefäßnetz im Körper. Bei jüngeren Menschen entsteht Bluthochdruck zum Beispiel dadurch, dass es schneller oder kräftiger pumpt. Bei älteren oft durch die Arteriosklerose, die die Blutgefäße in einem jahrelangen, anfangs meist unbemerkten Prozess verengt hat. Auch durch Bluthochdruck können sich Thromben lösen. Ist die Durchblutung der Herzkranzgefäße dadurch unterbrochen, kommt es zu einem Herzinfarkt. Nieren, Gehirn, die Gefäße in Armen oder Beinen und andere Organe können durch eine plötzliche Unterbrechung der Blutzufuhr in den versorgenden Gefäßen ebenfalls Infarkte erleiden.

 

Koronare Herzkrankheit (KHK)
Die koronare Herzkrankheit betrifft etwa drei Millionen Menschen und lässt sich auf eine Arteriosklerose der Herzkranzgefäße zurückführen. Risikofaktoren sind neben Bluthochdruck erhöhte Blutfettwerte, besonders beim LDL-Cholesterin, Diabetes mellitus, genetische Veranlagung, Alter, aber auch Rauchen, Bewegungsmangel oder Übergewicht. Die verringerte Durchblutung des Herzens führt zu Symptomen wie schneller Erschöpfung, Schwindel oder Müdigkeit. Ein Druckgefühl im Brustkorb oder hinter dem Brustbein und starke Schmerzen, die in den linken Arm, Oberbauch, Rücken, Hals, Kiefer oder Schulterblätter ausstrahlen, sind Alarmzeichen. Halten sie länger als fünf Minuten an und sind eventuell noch mit Angst, Engegefühl und Übelkeit verbunden, kann das auf einen lebensbedrohlichen Herzinfarkt hinweisen. Es sollte umgehend der Notruf 112 gewählt werden.

 

Schlaganfall
Wer plötzlich eine Lähmung im Arm, einem Bein oder einer Gesichtshälfte bemerkt, Sprach- und Sehstörungen und dabei starke Kopfschmerzen, sollte ebenfalls gleich den Notruf wählen, denn die Ursache könnte ein Hirninfarkt sein, bei dem es zu einer Unterbrechung des Blutflusses in einem das Gehirn versorgenden Blutgefäß gekommen ist. Rund 270.000 Schlaganfälle pro Jahr gibt es in Deutschland. Die Risikofaktoren sind ähnlich wie beim Herzinfarkt und der KHK.

 

PAVK
Bei der Peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) sind die Blutgefäße verengt, die Beine und Arme versorgen, und auch das wird leider oft erst spät entdeckt, da die Krankheit lange keine Beschwerden verursacht, bis die Beinmuskeln anfangen bei Bewegung, zum Beispiel beim Gehen, zu schmerzen und bei fortschreitender Erkrankung schließlich auch in Ruhe. Ohne Behandlung kann es zu einem Gefäßverschluss und einem Absterben des Gewebes kommen. Die Therapie erfolgt medikamentös oder operativ. Bewährt hat sich auch ein Gehtraining mehrmals pro Woche.

 

Herzschwäche
Bei einer Herzschwäche oder auch Herzinsuffizienz gelingt es dem Herzen kaum noch, genug Blut und Sauerstoff durch den Körper zu pumpen. Die Folgen sind Erschöpfung, Müdigkeit, Wassereinlagerungen oder Atemnot. Herzschwäche kann plötzlich unter anderem als Folge eines Herzinfarkts oder von extrem hohem Blutdruck auftreten und auch das ist ein lebensbedrohlicher Notfall. Zu den Symptomen gehören Todesangst, kalter Schweiß und Blässe. In den meisten Fällen entwickelt sich eine Herzschwäche aber langsam als Folge einer koronaren Herzkrankheit oder eines unbehandelten Bluthochdrucks.

 

Herzmuskelerkrankungen
Ursache für eine Herzmuskelerkrankung kann eine Entzündung des Herzmuskels durch eine Infektion sein, zum Beispiel eine nicht auskurierte Erkrankung der Atemwege, bei der die Erreger auch Herzmuskelzellen angreifen. Herzmuskelentzündungen können zu Herzrhythmusstörungen und schlimmstenfalls zu Herzschwäche führen. Auch durch genetische oder stoffwechselbedingte Ursachen kann sich die Leistungsfähigkeit des Muskelgewebes verringern.

 

Angeborene Herzerkrankungen
Zahlen der Deutschen Herzstiftung zufolge kommen in Deutschland jedes Jahr etwa 8.700 Kinder mit Herz-Erkrankungen zur Welt, beispielsweise mit ungenügend entwickelten Herzkammern oder Verengungen von Klappen oder Blutgefäßen. Ungefähr 90 Prozent dieser Kinder erreichen das Erwachsenenalter und derzeit leben über
300.000 Erwachsene mit einem angeborenen Herzfehler in Deutschland.

 

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