Ein starkes Duo gegen Blasenkrebs

Mit einer Kombination aus Wärme und Chemotherapie können Ärzte einen höheren onkologischen Effekt beim Harnblasenkarzinom erzielen – ohne Patienten zusätzlich zu belasten.
Prof. Dr. med. Axel Heidenreich Direktor der Klinik für Urologie, Uro-Onkologie, Roboter-assistierte und Spezielle Urologische Chirurgie am Universitätsklinikum Köln
Medac Gesellschaft für klinische Spezialpräparate mbH Beitrag

Herr Prof. Heidenreich, wie häufig tritt Harnblasenkrebs in Deutschland auf?
Blasenkrebs steht bei den bösarti-gen Tumorerkrankungen bereits an fünfter Stelle und ist damit sehr relevant. Wir reden über 16.000 bis 17.000 Neuerkrankungen pro Jahr alleine in Deutschland. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Zudem tritt Blasenkrebs in der Regel in einer späteren Lebensphase auf. Das Durchschnittsalter bei Erkrankung liegt bei 70 Jahren.

 

Wie macht sich der Tumor bemerkbar?
Harnblasenkrebs geht häufig mit unspezifischen Symptomen wie vermehrtes Wasserlassen oder Brennen beim Wasserlassen einher. Typisch ist aber sicherlich die Blutbeimengung im Urin.

 

Es empfiehlt sich also schon bei einem leichten Verdacht, lieber früher als später einen Arzt zu konsultieren?
Absolut. Denn die Behandlung von Blasenkrebs hängt in erster Linie vom Stadium des Tumors ab und davon, wie tief dieser bereits in die Schichten der Blasenwand gewachsen ist. Wir unterscheiden also muskelinvasive und nicht-muskel-invasive Tumore. Ist der Krebs nicht in die Muskelschichten vorgedrungen, kann man die Blase prinzipiell erhalten. Bei muskelinvasiven Tumoren muss man sie hingegen entfernen. Das heißt, je früher Blasenkrebs erkannt wird, desto besser sind die Behandlungsmöglichkeiten.

 

Wobei die Rückfallquoten bei Blasenkrebs generell hoch sind.
Das ist richtig – auch, wenn die eingesetzten Standard-Chemotherapien schon so gewählt sind, dass potenziell mikroskopische Karzinomzellen therapiert und Rückfälle reduziert werden. Kommt es dennoch zu einem Rückfall und dringt der Tumor dann nicht in die Muskelschicht vor, hat sich eine Kombination aus Chemotherapie und Wärme als wirkungsvoll erwiesen.

 

Wärme als Therapie gegen Blasenkrebs? Das müssen Sie bitte näher erläutern.
Das ist jetzt natürlich sehr vereinfacht dargestellt. Das Verfahren dahinter nennt sich hyperthermische intravesikale Chemotherapie, kurz HIVEC. Dafür wird der Wirkstoff der Chemotherapie erwärmt und der Blase verabreicht. Hintergrund ist, dass die Hyperthermie die Wirksamkeit des Medikaments erheblich erhöht und es somit gelingt, wesentlich mehr Krebszellen abzutöten. Wärme hat außerdem den Vorteil, dass das Medikament leichter vom Deckgewebe der Blase absorbiert wird und damit tiefer in die Blasenwand eindringen kann. Und Wärme erhöht die natürliche Immunreaktion des Körpers– ein weiteres Plus im Kampf gegen den Tumor.


Zusammengefasst erzielen wir mit der HIVEC-Therapie einen höheren onkologischen Effekt im Vergleich zur alleinigen Medikamentengabe bei Raumtemperatur. Daten von Patienten, die in unse-rer Klinik mit der HIVEC-Methode behandelt wurden, sind sehr vielversprechend. Bisher musste in einem Fall eine radikale Zystektomie wegen eines erneuten Rezidivs durchgeführt werden. Über 90 Prozent der Patienten sind weiterhin tumorfrei.

 

Unterscheidet sich die Behandlung mit der HIVEC-Therapie von einer regulären Chemotherapie?
Nein. Die Chemotherapie bei nicht- muskelinvasiven Tumoren wird mittels eines kleinen Katheters über die Harnröhre direkt in die Blase verabreicht. Für die Behandlung mit der HIVEC-Therapie wird der Wirkstoff außerhalb des Körpers auf 43 Grad Celsius erwärmt und anschließend eingeführt. Für diese Erwärmung reicht ein kleines Gerät, das praktisch selbständig arbeitet. Das heißt, für den Patienten ist die etwa einstündige Behandlung, während der der Wirkstoff zwischen Gerät und Harnblase für die optimale Erwärmung zirkuliert, völlig unkompliziert.

 

Wie häufig erhalten Patien-ten eine solche wärmekombinierte Chemotherapie?
Bei Patienten mit einem Intermediate-Risk-Tumor, das ist die Klassifizierung für ein mittleres Rückfallrisiko, haben sich mindestens sechs HIVEC-Behandlungen als Initialtherapie bewährt. Diese sollten wöchentlich erfolgen. Ist das Rückfallrisiko aufgrund des individuellen biologischen Risikoprofils höher – wir sprechen dann von High-Risk-Tumoren –, empfehlen sich zwölf Behandlungen. Dabei finden die ersten sechs im wöchentlichen Abstand statt, anschließend erfolgen sechs weitere einmal im Monat. Hinzu kommt dann noch eine monatliche Erhaltungstherapie, bei der die Chemotherapie bei Raumtemperatur verabreicht wird. Die kann je nach Tumor bis zu einem oder sogar zwei Jahren dauern.

 

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