Herzen heilen in Berlin

Mit Berlin Heals und Berlin Cures setzen Dr. Göttel und Dr. Müller auf zwei vollkommen neue, parallele Therapieansätze zur Behandlung von Herzmuskelschwäche.
Dr. Johannes Müller; Dr. Peter Göttel
Dr. Johannes Müller; Geschäftsführer; Dr. Peter Göttel; Geschäftsführer; Berlin Heals GmbH / Berlin Cures GmbH
Berlin Heals / Berlin Cures Beitrag

Herr Dr. Müller, Sie haben lange Zeit Kunstherzen entwickelt und hergestellt. Nun verfolgen Sie zwei vollkommen neue Therapieansätze. Was ist der Hintergrund?
Vor mehr als 25 Jahren haben wir uns während unserer klinischen Tätigkeit und später auch unternehmerisch als erste in Europa bereits mit mechanischer Kreislaufunterstützung befasst.
Die Idee, die Pumptätigkeit des Herzens durch eine mechanische Pumpe ganz oder teilweise zu ersetzen, ist einleuchtend. Allerdings leitet sie sich aus einem sehr mechanischen Denken über eine hoch komplexe bio-logische Funktion aus dem vorigen Jahrhundert ab. Bis heute gibt es für schwer herzkranke Patienten keine alternative Therapie, was die Anwendung von Herzpumpen rechtfertigt. Es handelt sich jedoch um eine sehr invasive Methode, die außerdem eine komplexe Nachbehandlung erforderlich macht. Unser Ansatz ist nicht, die Herzfunktion zu ersetzen oder die Symptome der Herzmuskelschwäche zu bekämpfen, sondern das erkrankte Herz zu heilen und seine normale Funktion wiederherzustellen. Außerdem möchten wir weniger invasive, weniger komplikationsbehaftete und letztlich auch kostengünstigere Therapiemöglichkeiten schaffen. Die chronische Herzmuskelschwäche ist eine Volkskrankheit mit stetig ansteigender Zahl betroffener Patienten weltweit und sie ist ein ernsthaftes Problem für die Gesundheitssysteme. Daher sind neue, innovative Lösungen gefragt.

Dr. Göttel, wieso zwei Gesellschaften und nicht Medizintechnik und Pharma unter einem Dach?
Dies hat einerseits historische Gründe, andererseits handelt es sich um zwei verschiedene Branchen. Die Firmen entstanden 2014 in einem zeitlichen Abstand von rund einem halben Jahr. Und wissenschaftliche Kooperationen wie auch Investorenkreise unterscheiden sich in beiden Branchen. Berlin Heals und Cures nutzen jedoch teilweise eine gemeinsame Infrastruktur und Fachkräfte.

Hinter beiden Berliner Gesellschaften steht jeweils eine Schweizer AG. Können Sie die Unternehmensstruktur näher erläutern, Dr. Müller?
Die Schweiz mit ihrer langen Tradition in Medizintechnik und pharmazeutischer Industrie bot für die Umsetzung unserer Vorhaben ein ideales Investoren- und Partner-umfeld. Resultat waren zwei Schweizer Aktiengesellschaften, in denen alle Komponenten zusammengefasst wurden und welche je 100% der Berliner Gesellschaften halten. Letztere beschränken sich weitestgehend auf die konkrete Forschung. Wir sind sehr froh darüber, dass mit Hilfe der Züricher Minerva Partners AG die passenden Schweizer Aktionäre und ausreichend Kapital durch Privatin-vestoren gewonnen werden konnten.    

Was verbirgt sich hinter dem Medizintechnikprodukt von Berlin Heals? Auf den ersten Blick sieht es aus, wie ein Herzschrittmacher, Herr Dr. Göttel.
Es ist ein Implantat, ein kleines Gerät in Form eines Herzschrittmachers, das mittels zweier Kontakte einen sehr schwachen elektrischen Strom – also keine Impulse wie bei einem Herzschrittmacher, sondern sogenannten „Mikrostrom“ – direkt an das Herz abgibt. Das System heißt „C-MIC“, Cardiac Microcurrent. Seine Wirkungsweise beruht auf dem Wissen, dass bestimmte Formen der Herzmuskelschwäche auf chronisch-entzündlichen Prozessen im Herzmuskelgewebe beruhen. Der Mikrostrom kann diesen Prozessen wirksam entgegenwirken. Letztendlich erreichen wir eine Normalisierung der Gewebestruktur auf zellulärer Ebene und damit auch eine Verbesserung oder gar Wiederherstellung der normalen Funktion und Auswurfleistung des Herzens. Dies konnten wir in prä-
klinischen Untersuchungen nachweisen. Der elektrische Strom ist übrigens so schwach, dass er weit unterhalb der Reizschwelle bleibt und somit nicht mit dem Reizleitungssystem oder dem Herzrhythmus interagiert und auch vom Patienten vollkommen unbemerkt bleibt. Nach circa sechs Monaten ist der Heilungsprozess des Herzmuskelgewebes abgeschlossen und das Gerät schaltet sich ab.

Und Berlin Cures? Hier haben Sie mit BC007 ein Medikament zur Therapie chronischer Herzmuskelschwäche in der Pipeline. Was kann es?
Bei einem großen Anteil der Patienten, die unter chronischer Herzmuskelschwäche leiden, findet man bestimmte Autoantikörper, die die eigenen Herzmuskelzellen chronisch aktivieren und sie dadurch langfris-tig schädigen – praktisch eine Auto-
immunkrankheit. BC007 ist eine von uns identifizierte Substanz mit der Eigenschaft, gezielt nur diese Autoantikörper aus dem Blut zu entfernen. Aus unseren prä-klinischen Untersuchungen wissen wir, dass die vollständige und langanhaltende Entfernung der krankmachenden Autoantikörper sogar mit nur einer einmaligen Verabreichung möglich ist. Bei BC007 handelt sich um ein sogenanntes Aptamer, eine Sequenz von Nukleinsäuren.
 
Dr. Müller, werden Sie sich mit beiden Unternehmen in weiteren Bereichen der Herztherapie einsetzen?
Ja, jedoch nicht nur dort. Sowohl die Mikrostromtherapie als auch die Elimination von Autoantikörpern greifen in pathologische Prozesse ein, die es in gleicher Form bei unterschiedlichen Erkrankungen gibt. Der Mikrostrom stoppt Entzündungsvorgänge, und diese sind häufig die Basis unterschiedlicher Organschäden. Es ist geradezu ein Glücksfall, dass BC007 eine große Zahl unterschiedlicher Autoantikörper gegen andere Zellstrukturen eliminieren kann, die Auslöser unterschiedlicher Krankheiten sind, nicht nur des Herzens, sondern unter anderem auch aus dem Bereich der Neurologie. Erste Kooperationen mit Experten der jeweiligen Gebiete haben wir bereits gestartet.

Wann rechnen Sie mit der Zulassung, Dr. Göttel?
Bei beiden Projekten haben wir es geschafft, in einem Zeitraum von weniger als 2,5 Jahren Produkte zu entwickeln, die fertig für die Erstanwendung am Menschen sind, die unmittelbar bevorsteht. Die klinischen Prüfungen sind jedoch sehr umfangreich und bevor eine Zulassung vorliegt, wird noch einige Zeit vergehen. Das ist bei solchen Projekten jedoch völlig normal.


www.berlinheals.de
www.berlincures.de

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