»Veränderung fängt in den Köpfen an.«

Für Andreas Gerber steht fest: Das neue Jahrzehnt wird geprägt sein von wichtigen Weichenstellungen für unsere Zukunft. Diesen Wandel maßgeblich mitzugestalten, haben er und sein Team bei Janssen Deutschland sich zum Ziel gesetzt.
Andreas Gerber, Vorsitzender Geschäftsführer Janssen Deutschland
Janssen-Cilag GmbH Beitrag

Andreas Gerber ist Vorsitzender der Geschäftsführung bei Janssen Deutschland. Als Pharmasparte des Gesundheitskonzerns Johnson & Johnson entwickelt das Unternehmen gemeinsam mit Partnern innovative Medikamente und ganzheitliche therapiebegleitende Behandlungskonzepte. Zu den Forschungsschwerpunkten von Janssen zählen die Bereiche Onkologie, Immunologie, Psychiatrie, Infektiologie und pulmonale Hypertonie. Das Unternehmen gehört zu den Top 3 der forschenden Pharmaunternehmen in Deutschland (Quelle: IMS/IQVIA). Über 40.000 Mitarbeiter sind weltweit für Janssen tätig; in Deutschland beschäftigt die Janssen-Cilag GmbH mit Hauptsitz in Neuss über 1.000 Mitarbeiter.

 

 

Herr Gerber, wie sieht Ihre Vision von der Medizin der Zukunft aus?
Die Medizin, wie wir sie kennen, verändert sich gerade radikal. Digitalisierung, Künstliche Intelligenz und Big Data machen es möglich, unglaubliche Datenmengen zeit- und ortsunabhängig zu verarbeiten. Neue Akteure drängen in den Bereich Gesundheitsversorgung, weil sie hier beispielsweise neue Absatzmärkte für ihre High-Tech-Produkte und Apps sehen. Auch die medizinische Forschung verändert sich grundlegend: Zwar haben wir schon im Jahr 2000 die erstmalige Entschlüsselung des menschlichen Genoms als Durchbruch gefeiert. Doch erst jetzt sind wir wirklich in der Lage, die Früchte dessen zu ernten, weil wir erst jetzt die nötigen Datenmengen verarbeiten können. Das erlaubt uns, Erkrankungen wie Krebs oder Alzheimer immer besser zu verstehen und zu bekämpfen. Man braucht keine Glaskugel, um zu prognostizieren: Dieses Jahrzehnt wird davon geprägt sein, dass die Erkenntnisse aus jahrzehntelanger Grundlagenforschung mit den Möglichkeiten zusammenfließen, die uns die Digitalisierung bietet.

 

Was versprechen Sie sich davon ganz konkret?
Wir erleben, wie Wissenschaftler in der Molekulargenetik, Mikrobiom-und Biomarkerforschung weltweit enorme Fortschritte erzielen. Wir dringen immer tiefer in die biochemischen Wechselwirkungen im menschlichen Körper vor. Das versetzt uns in die Lage, Erkrankungen immer früher zu erkennen, zu verstehen und zunehmend individuell zu behandeln. So ist es beispielsweise heute schon möglich, einige Erkrankungen anhand spezifischer Biomarker zu erkennen, lange bevor die ersten Symptome auftreten. Bei der Alzheimer-Demenz etwa lassen sich individuelle Veränderungen mehr als zehn Jahre vor den ersten kognitiven Beeinträchtigungen nachweisen. Ähnlich verhält es sich mit einigen Krebserkrankungen, die über Jahre ohne Symptome verlaufen können. Wir bei Janssen fragen uns: Was wäre, wenn wir gezielt gegen diese krankmachenden Prozesse vorgehen und den Ausbruch der Erkrankung so verhindern könnten? Diesen Ansatz der frühen Diagnose und Krankheitsunterbrechung nen-nen wir „Disease Interception“. Noch ist Disease Interception Zukunftsmusik. Unsere Forschungen deuten jedoch darauf hin, dass diese faszinierende Vision schon in wenigen Jahren Realität werden könnte – zumindest in ersten Indikationen.

 

Dazu bräuchte es jedoch einen fundamentalen Wandel sowohl der Rahmenbedingungen des Gesundheitssystems als auch der Akteure selbst.
Disease Interception ist nur ein Beispiel für einen transformativen Therapieansatz, der sprichwörtlich den Rahmen des aktuellen Gesundheitssystems sprengt. Dass Innovationen in der Regel schneller sind als das System, liegt in der Natur der Sache. Natürlich müssen wir Studiendesigns weiterentwickeln oder über neue Parameter der Nutzenbewertung sprechen. Aus meiner Sicht braucht es darüber hinaus jedoch eine Debatte und einen Konsens aller Akteure. Denn Patienten sind wir alle – irgendwann in unserem Leben. Deswegen müssen wir uns fragen: Wie gestalten wir gemeinsam ein Gesundheitssystem, in dem der Mensch, sei er nun krank oder gesund, und seine Bedürfnisse konsequent im Mittelpunkt stehen? Das neue Jahrzehnt steht aus meiner Sicht im Zeichen eines neuen Patientenbildes: Der Patient als kompetenter Gestalter seiner Gesundheit, unterstützt durch digitale Anwendungen und gut beraten durch seinen Arzt.

 

Forschung war nie so aufwändig wie heute. Als Geschäftsführer bei einem der führenden forschenden Pharma-unternehmen müssen Sie die Kosten neuer Wirkstoffentwicklungen letztlich auch betriebswirtschaftlich abbilden. Treibt Ihnen das nicht manchmal die Sorgenfalten auf die Stirn?
Natürlich arbeiten wir in einem Spannungsfeld zwischen aufwändiger Forschung einerseits und Wirtschaftlichkeit andererseits. Was uns dabei antreibt, ist das, was ich als unseren „Janssen-Spirit“ bezeichnen möchte: ein unbeirrbarer Wille zur Innovation. „Forschung ist eine Obsession, die man einfach nie mehr stoppen kann.“ So beschrieb unser Gründer, Dr. Paul Janssen, den Antrieb für seine wissenschaftliche Arbeit. Paul Janssen war ein ebenso weitsichtiger wie leidenschaftlicher Wissenschaftler. Er wusste: Veränderung fängt in den Köpfen an. Aber ich stimme Ihnen zu – auf Dauer können wir nur innovativ sein, wenn der Preis einer Therapie ihren Wert für Patienten und Gesellschaft abbildet.

 

Wenn sich die Rahmenbedingungen verändern, müssen sich auch die Akteure anpassen. Das schließt Sie als pharmazeutisches Unternehmen ein. Wie verändert die digitale Transforma-tion die Rolle von Janssen?
Die Menschen erwarten mehr denn je von uns, dass wir wirksame Therapien entwickeln. Um dem gerecht zu werden, überdenken wir natürlich auch unsere Rolle und unsere Herangehensweise. Das Aufbrechen von Silos und überholten Strukturen sehe ich als zentrale Voraussetzung für die digitale Transformation der Medizin.

 

Was heißt das konkret?
Wir loten neue Formen und Formate für Kooperationen aus. Zwei Beispiele: Seit 2018 etablieren wir die Veranstaltungsreihe „Janssen Open House“ als Austauschplattform zur Gesundheitsversorgung der Zukunft. Wir laden Persönlichkeiten aus Forschung, Technologie, Gesundheitswirtschaft, Politik und Gesellschaft ebenso wie junge Visionäre, Blogger, Start-ups und vor allem Patientenvertreter zum Gespräch auf Augenhöhe ein. Oder nehmen Sie die Initiative Gesundheitsakademie: Zusammen mit unserem Partner, dem InGe – interprofessionelles Gesundheitszentrum der Hochschule für Gesundheit (hsg) in Bochum – geht es uns unter anderem darum, das Gesundheitswissen von Versorgern und Patienten zusammenzuführen. Wir möchten Patienten in die Lage versetzen, informierte, souveräne Entscheidungen zu fällen. Denn Gesundheitskompetenz wird immer wichtiger, ganz besonders in Zeiten neuer, verstärkt personalisierter Therapieoptionen und Gesundheitsangebote. Bei all unserem Handeln haben wir dabei einen glasklaren Fokus: Der Mensch steht immer im Mittelpunkt!

 

 

 

www.janssen.com/germany

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